Vorstand im Gespräch

Im Gespräch mit Sylke Freudenthal

Die Gründung einer Stiftung: Eine Entdeckungsreise

Vor 16 Jahren gründete Sylke Freudenthal, Vorstandsmitglied und ehemalige Geschäftsführerin der Veolia Stiftung, die Unternehmensstiftung der Veolia-Gruppe in Deutschland. Heute gehört die Stiftung mit über 400 Förderprojekten und ausgezahlten Fördermitteln von über 3 Millionen Euro zum Kreis der etablierten Unternehmensstiftungen. Mehr als 320 Veolia-Beschäftigte hat die Stiftung bereits als fachkundige Begleiter für ihre zahlreichen Förderprojekte mobilisiert - ein beispielhaftes Engagement, das einen nachhaltigen Beitrag zum Gemeinwohl und darüber hinaus zur eigenen Unternehmenskultur leistet. Ein Interview mit Sylke Freudenthal über die Gründung der Stiftung und ihren gesellschaftlichen Beitrag.
 

Erzählen Sie uns kurz von den Anfängen der Stiftung?

Als mir im Sommer 2000 die Aufgabe übertragen wurde, für Vivendi in Berlin eine Unternehmens­s­tiftung aufzubauen, begann ich die Entdeckungsreise. Während mich im beruflichen Alltag bislang Begriffe wie hydraulisch gebundene Tragschicht, Gleitschalungsfertiger und Fallrichtungssprengung umgeben hatten, lernte ich nun mit Hilfe des „Handbuch Gemeinnützigkeit“, Satzungsrecht, Stiftungsaufsicht und Freistellungsbescheid zu verstehen. Rekordverdächtig schnell erblickte das Pflänzchen Stiftung im Januar 2001 das Licht der Welt, oder wie es offiziell hieß: Die Stiftung war errichtet. Mein Traumjob forderte mich ganz: Ein kleines Team zusammenstellen und leiten, den Vorstand berufen, das Büro einschließlich IT ausstatten, ein Konto einrichten und die Buchhaltung organisieren, sämtliche Kommunikationsinstrumente von Flyer bis Website in Abstimmung mit der französischen Schwesterstiftung entwickeln, das Förderkonzept ausarbeiten, die Stiftung mit Projekten, anderen Stiftungen und weiteren gesellschaftlichen Akteuren zunächst in Berlin, später bundesweit bekannt machen und vernetzen sowie unternehmensintern Freunde und Förderer für die Stiftung und die Idee der Patenschaften gewinnen.  


Warum der anfangs starke Fokus auf Berlin?

Die Gründung der Stiftung war eine Verpflichtung, die Vivendi im Rahmen der Teil­privati­sierung der Berliner Wasserbetriebe eingegangen war. Für die Fördersummen und deren Einsatz zur Förderung von Arbeitsplätzen in Berlin gab es klare Vorgaben des Landes - die wir übrigens genauestens und vorfristig erfüllt haben. Erst danach konnte die Stiftung dank der langfristigen Finanzierung durch die deutschen Veolia-Unternehmen schrittweise auch bundesweit Projekte unterstützen.
 

Was konnte die Veolia Stiftung seit ihrer Gründung bewirken?

Zunächst haben wir bis heute rund 400 Initiativen einen gelungenen Start ermöglicht,  die berufliche Perspektiven für benachteiligten Menschen schaffen, den sozialen Zusammenhalt stärken und für eine lebenswerte Umwelt sorgen. Das ist eine beachtliche Zahl! Zugleich konnten wir viele, viele Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen zu ehrenamtlichem Engagement ermutigen. Heute ist die Förderung des Ehrenamts ganz selbstverständlich Teil unserer Unternehmenskultur und in den Veolia-Zielen verankert. Unser Patenmodell bringt engagierte Menschen aus Unternehmen und gemeinnützigem Sektor zusammen. Solche Begegnungen sind nicht selbstverständlich und ein echtes Markenzeichen der Stiftung. Es lohnt sich, diese Patenschaften anzustoßen, denn sie bieten beiden Partnern ein spannendes Lernfeld, fördern soziale Kompetenz und Kreativität. Schließlich haben wir immer wieder auch inhaltliche Akzente gesetzt. So ist das ist das 2010 von uns entwickelte „Leitbild klimafreundliche Stiftung“ bis heute relevant: Der Bundesverband deutscher Stiftungen hat es übernommen und empfiehlt es seinen Mitgliedern. Dank dieser Aktivitäten konnte sich die Veolia Stiftung trotz ihres vergleichsweise geringen Fördermittelbudgets als kompetenter und engagierter Partner im gemeinnützigen Sektor etablieren.
 

Welche Momente bleiben Ihnen am stärksten in Erinnerung?

Rückblickend bleiben viele bewegende Momente in Erinnerung - vor allem an die stolzen und dankbaren Gesichter bei der Übergabe von Förderschecks. Und auch an die stets besonderen Orte dafür - ein Zirkuszelt war dabei, eine Arena im Grünen, Klassenzimmer, Werkstätten, Rathaussäle oder Vereinshäuser. Gern erinnere ich mich auch an ausgefallene Aktionen wie den Stiftungstaler-Sammelaufruf „Gemeinsam sind wir Berlin“ anlässlich des zehnten Stiftungsgeburtstags, die Veröffentlichung des Buchs „Herz.Schritt.Macher - Menschen, die Berlin bewegen“, Projektbesuche mit Patinnen und Paten wie zum Beispiel in einer Obdachloseneinrichtung, oder freiwillige Arbeitseinsätze wie das Heckenschneiden im Berliner Mauerpark.
 

Was geben Sie der Veolia Stiftung als Vorstand mit auf den weiteren Weg?

Es ist aus meiner Sicht ein Privileg, bei der Stiftungsarbeit immer wieder ganz besonders engagierten Menschen zu begegnen: Den Initiatoren der Förderprojekte, die unter oft schwierigen finanziellen Voraussetzungen ein gesellschaftliches Problem lösen wollen. Und unseren Patinnen und Paten, die neben Beruf und Familie ihre Zeit und Erfahrung in das Gelingen eines Projekts investieren. Die Veolia Stiftung verbindet auf originelle Weise verantwortungsvolles Unternehmenshandeln mit dem persönlichen Engagement einzelner Menschen im Interesse der Gesellschaft. Die positive Energie, die dabei entsteht, sollten wir weiter tragen und daraus Ideen und Mut für Veränderungen schöpfen.

Im Gespräch mit Dr. Markus Binding

"Umweltschutz ist das Thema meines Lebens."

Dr. Markus Binding ist Geschäftsführer der EVA Verwaltungs GmbH. Als ehemaliger Geschäftsführer der Veolia Umweltservice West GmbH bringt er viel Erfahrung mit und verstärkt seit Mai 2019 den Vorstand der Veolia Stiftung. In unserem Interview erklärt er, was dieses Ehrenamt für ihn bedeutet.

Sie wurden jüngst von der Geschäftsführung der Veolia Deutschland als Vorstand der Veolia Stiftung berufen. Was zeichnet Sie für diese Aufgabe aus? 

Umweltschutz ist das Thema meines Lebens. So habe ich schon als Student aktiv an den spannenden Tätigkeiten einer Schweizer Umweltstiftung teilgenommen. Daran nun für Veolia anzuknüpfen ist mir Ehre und Freude zugleich. Stiftungstätigkeit, die ja nicht ausschließlich monetär ausgerichtet sein muss, kann eine bedeutende Rolle bei notwendigen Veränderungen in der Gesellschaft leisten. Dass Veolia sich für diese Veränderungen einsetzt, ist in Zeiten von Fridays4Future besonders spannend. Ich persönlich finde Veränderung an sich schon attraktiv. Als Geschäftsführer einer operativen Einheit bin ich sehr daran interessiert, die Interessen und Sichtweisen unserer Betriebe in die Stiftungsarbeit einzubringen und sicher zu stellen, dass unsere Stiftungsarbeit auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Fläche verstanden und mitgetragen wird.

Der Stiftungsvorstand ist ein Ehrenamt - zusätzlich zu Ihren operativen Aufgaben. Worauf freuen Sie sich in dieser neuen Funktion?

Ich freue mich darauf, Menschen zu begegnen, die sich für mehr als Ihre persönlichen Vorteile interessieren und stattdessen mit viel Idealismus daran arbeiten, die Themen Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz und Ressourcenschutz zu fördern.
Außerdem bin ich gespannt darauf, die inhaltliche Vielfalt des Unternehmens Veolia weit über mein Aufgabengebiet in der ehemaligen Veolia Umweltservice West hinaus zu erleben, denn auch in den Business Lines Wasser und Energie gibt es zahlreiche engagierte Kolleginnen und Kollegen, die die Stiftungsarbeit aktiv unterstützen.
 

Die Stiftung gibt es bereits seit 2001 - was wünschen Sie ihr für die Zukunft?

Ich wünsche der Stiftung, dass sie mit ihrer Projektarbeit neue Themen initiiert oder Lösungen skaliert, die die drängenden Probleme unserer Zeit konstruktiv und von Zuversicht getragen angeht. Und dass sie als professionell agierende Stiftung im Kreise der anderen deutschen und internationalen Umweltstiftungen anerkannt ist. Schließlich wünsche ich der Stiftung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Veolia Deutschland auf die Stiftung und ihre Projekterfolge wirklich stolz sind.

Im Gespräch mit Jürgen Metzner

Veolia Stiftung: Herr Metzner, Sie sind Geschäftsführer des Deutschen Verbands für Landschaftspflege. Da haben Sie sicher genug zu tun. Was war Ihre Motivation, sich als ehrenamtlicher Vorstand der Veolia Stiftung zu engagieren?

Jürgen Metzner: Als Geschäftsführer des DVL habe ich viel mit Stiftungen zu tun. Da wir Projektnehmer sind, suchen wir regelmäßig nach Finanzierungen im Natur- und Umweltbereich und versuchen natürlich, die Geldgeber für unsere Themen zu begeistern. Da hat es mich interessiert, selbst bei einer Stiftung mitzuarbeiten. Was mich auch gereizt hat, war die Tatsache, dass es sich bei der Veolia Stiftung um eine von einem Konzern ins Leben gerufene Stiftung handelt. Wie agiert man da? An diese Aufgabe bin ich als Lernender herangegangen. Natürlich wollte ich im Umkehrschluss auch meine Expertise einbringen. Ich bin seit über 20 Jahren im Naturschutz, in der Landschaftspflege und im Klimaschutz tätig. Da bringe ich viel Hintergrundwissen mit und vor allen Dingen auch das Verständnis für den Projektnehmer.

Wie sieht denn die Stiftungsarbeit im Vergleich zu Ihrem Alltag beim DVL aus?

Das kann man nur schwer vergleichen. Beim DVL führen wir in der Regel Projekte aus. Wir sind also diejenigen, die Ideen, Notwendigkeiten und Projektskizzen haben und versuchen, die Geldgeber zu überzeugen. Die Veolia Stiftung fördert Projekte, dort schauen wir uns also Projektträger an. Dieser Rollentausch ist grundsätzlich schon mal nicht zu vergleichen. Eine Gemeinsamkeit hingegen ist, dass beide versuchen, mit wenig Geld viel zu bewegen. Ich bin wirklich begeistert davon zu sehen, wie es uns in der Veolia Stiftung gelingt, mit relativ begrenzten Mitteln gute Ideen groß werden zu lassen. 
Was auch vergleichbar ist, ist diese Liebe zum unbürokratischen Agieren. Da sind wir im Vorstand auf einer Wellenlänge. Man muss uns natürlich überzeugen, aber wenn das erstmal gelungen ist, dann braucht es keinen Nachweis bis ins letzte Detail oder Erklärungen, die bis ins Kleinste ausformuliert sind, dann fördern wir - natürlich im Rahmen unserer Satzung, aber dieses Vertrauen, das wir unseren Projektträgern entgegenbringen, das finde ich besonders. Das würde ich mir als DVL auch öfter von Geldgebern wünschen. 

Dazu tragen Ihre Erfahrungen als Projektnehmer vermutlich bei. 

Das kann gut sein. Ich finde einfach, dass man grundsätzlich jedem Antragsteller Respekt entgegenbringen muss. Die Initiativen agieren häufig ehrenamtlich, die Ideen kommen also aus einem Engagement heraus, aus einem Dienst an der Gesellschaft. Und natürlich können wir sagen: Das fördern wir nicht, das ist nicht unser Förderschwerpunkt. Aber allen Antragstellern Respekt entgegenzubringen und vielleicht auch ein Stück weit Bewunderung, das gehört dazu.

Was kann die Veolia Stiftung sonst noch von Ihnen und Ihrer Arbeit in einem Dachverband lernen? 

Als Dachverband arbeiten wir kooperativ und das ist oft gar nicht so leicht. Das sagen immer alle gerne, dass sie kooperativ seien, aber wir sind es wirklich. Bei uns sitzen Landwirtschaft, Naturschutz und Politik in der Vorstandschaft. Da komme ich auch als Geschäftsführer nicht raus, da muss man kompromissbereit und ideenreich sein. Man muss gemeinsam überlegen, was geht und was nicht geht. Es geht nicht alles, aber wenn was geht, dann funktioniert es, denn dann hat man die Konflikte bereits ausgetragen und alle sind an Bord. Was wir an dieser Stelle mit der Stiftung gemein haben, ist, dass wir sehr stark vom Menschen aus denken. Wenn wir als Verband agieren und Projekte umsetzen, dann geht es natürlich um die Sache, aber letztlich müssen wir vom Menschen aus denken, der die Sache macht, nur so geht Kooperation. Im DVL haben wir das auch in unserem Leitbild verankert. Da steht der schöne Satz, dass wir uns nicht nur unseren Mitgliedsverbänden verpflichtet fühlen, sondern dass wir letztlich den Menschen verpflichtet sind, die vor Ort Wertschöpfung mit Natur und Klimaschutz vereinbaren. Und ein ähnliches Prinzip spüre ich auch bei der Veolia Stiftung. Da denken wir auch sehr stark von den Menschen aus. Sie stehen im Zentrum, denn sie sind diejenigen, die das Projekt umsetzen. 
Und mir fällt noch eine Sache ein, die man von einem lernen kann, der schon viele Projekte selber beantragt hat, das haben wir tatsächlich auch schon viel diskutiert in der Stiftung: Es muss nicht immer alles innovativ sein. Innovative Ideen sind klasse und man braucht sie, sonst kommt die Gesellschaft nicht weiter. Aber für viele ist das ganz Normale auch schon innovativ, beziehungsweise suchen viele nach Möglichkeiten, das ganz Normale weiter zu finanzieren, weil es gut ist und funktioniert. Das wird bei der Veolia Stiftung sehr gut praktiziert, wie ich finde. Das würde ich aus Projektträgersicht auch jeder anderen Stiftung mitgeben wollen.

Sie sind nun seit zwei Jahren Vorstandsmitglied. Erzählen Sie uns, was Sie in diesen beiden Jahren erlebt haben, woran Sie sich gern erinnern und was Sie noch erreichen möchten?

Vielleicht fange ich mit den Schwierigkeiten an, bevor ich zum Positiven komme: Ich hatte anfangs einige Mühe, mich in die Stiftungsarbeit einzudenken. Ich bin ein Verbandsmensch, so bin ich sozialisiert. Und plötzlich komme ich in eine Stiftung, die aber personell und finanziell eng mit einem Konzern verbunden ist. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich vielleicht immer noch nicht alles verstanden. Aber ich sehe mich als Lernenden und habe festgestellt, dass die Entscheidungswege und die Einflüsse hier oft etwas anders sind. 
Was ich sehr schön finde, ist, dass ich in diesen Jahren viele Aha-Erlebnisse hatte. Zum Beispiel beim Programm ProEhrenamt. Ich finde es super zu sehen, welches Engagement auch von den Mitarbeitenden kommt. Was ich auch toll finde, ist, dass wir in der Stiftung sehr unbürokratisch und schnell reagieren können. Die Ukraine-Hilfe zum Beispiel. Da ging es auch wieder um den Menschen. Wir haben ein Instrument gesucht, den Veolia Mitarbeitenden in der Ukraine zu helfen. Da war in der Stiftung klar, dass wir das machen, das tun wir einfach. Das hat mich begeistert. 
Wenn ich an Ziele denke, haben wir in der Stiftung einige Themen, die sehr stark in meiner Expertise verwurzelt sind. Das Projekt Bunte Biomasse zum Beispiel. Das Thema haben wir in meinem Verband einst mit angestoßen. Und vielleicht wäre das mein Ziel: mehr solche Themen in die Stiftung einzubringen, also auch die Schnittstelle zu Landschaftspflege-Organisationen herzustellen. Das wäre eine coole Sache, diese kooperative Arbeitsweise zu unterstützen.

Und wie könnte man das anstoßen?

Entweder indem ein Thema bei uns aufschlägt und ich weiß dann, wo der geeignete Partner und vielleicht auch wo zusätzliche Kofinanzierer für die gemeinsame Umsetzung sitzen. Oder indem wir beschließen, ein Thema anzupacken und uns geeignete Partner suchen und ich kann das vermitteln. Häufig werden wir bisher aber auch einfach durch externe Ideen begeistert. Wir fokussieren uns mit unseren Förderungen auf den Schutz von Biodiversität und Wasserressourcen, auf die Stärkung von Kreislaufwirtschaft und die Steigerung der Energieeffizienz. In diesen Bereichen werden immer wieder spannende Projekte an uns herangetragen. Einerseits, weil wir als Veolia Stiftung auf eine tolle Projekthistorie blicken und als Förderer sichtbar sind, aber auch Dank der vielfältigen Kooperationen, die Veolia hat. Wasser 3.0 hat vorher beispielsweise zusammen mit unseren Kollegen der PET Rostock zusammengearbeitet. Es ist klasse, dass Empfehlungen an uns herangetragen werden, die zu uns passen. Ich hoffe, dass es so weitergeht.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Metzner!